Aigner überdenkt ihre Position zur Gentechnik

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner ist nun bereits seit mehreren Monaten im Amt. Mit Äußerungen zur Grünen Gentechnik hatte sie sich seither betont zurückgehalten. Aigner wollte sich keinen Ärger einhandeln: Die Forschungspolitikerin gilt als Anhängerin neuer Technologien – und als Befürworterin der Gentechnik. In der Vergangenheit hatte sie sich sogar zu regelrechten Lobeshymnen auf die Agro-Gentechnik hinreissen lassen. Mit dieser kategorischen Technologiebegeisterung scheint es nun jedoch vorbei zu sein. Vor zwei Wochen, nach gut 100 Tagen Amtszeit, rang sie sich erstmals zu einem zögerlichen -und äußerst konjunktivlastigen- Statement durch. „Es ist durchaus wahrscheinlich, dass ich dagegen sein könnte“, erklärte die Ministerin vor Gentechnikgegnern, die sie mit einer Demonstration in ihrem bayerischen Wahlkreis empfangen hatten.

In einem Interview mit der Berliner Zeitung bezog die Ministerin nun erstmals klar Stellung zur Agro-Gentechnik. Auf die Frage, ob sie immer noch ein „Fan neuer Technologien“ sei, antwortete sie: „Wenn neue Technologien dem Menschen nutzen, ja. Gentechnik anstelle der Einhaltung der guten fachlichen Praxis lehne ich ab.“ Es müsse erforscht werden, wie sich genveränderte Pflanzen auf das Ökosystem -etwa auf Insekten- auswirken. Auf Angaben der Hersteller könne man sich hier nicht verlassen, erklärte die Ministerin.

Auf ihre persönlichen Ansichten komme es bei diesem Thema nicht an. Sie hätte kein Problem damit, gentechnisch verändertes Obst zu essen. Die Lage fasst sie so zusammen: „Die grüne Gentechnik bringt dem Menschen hierzulande bisher keinen erkennbaren Nutzen. Die Verbraucher lehnen genveränderte Pflanzen ab. Die Landwirte wollen sie nicht.“ Außerdem kämen wir mit unserer Landwirtschaft doch gut zurecht. Bei nachwachsenden Rohstoffen oder in anderen Ländern könne die Gentechnik mehr Bedeutung haben, so Aigner.

Und sie geht noch weiter: Sie werde prüfen lassen, ob die Monitoringauflagen für den Anbau von MON 810 eingehalten werden. Wenn dies nicht der Fall sei, werde sie die Zulassung für MON 810 widerrufen. Wird der Anbau von Genmais in Deutschland nun also doch noch verboten? Oder handelt es sich bei dem Vorstoß der Ministerin um den Versuch, die CSU-Basis in Bayern zu besänftigen? Schließlich ist die Partei in diesem Jahr bei zwei wichtigen Wahlen auf die Stimmen ihrer Stammwähler angewiesen. Wie dem auch sei, es darf jedenfalls wieder gehofft werden.

Alexander Hissting, Gentechnikexperte von Greenpeace Deutschland, fordert die Ministerin nun zum Handeln auf: „Wenn die CSU und der ihr nahe stehende Bauernverband mehr wollen als nur Stimmenfang für die Europawahl im Juni, muss Aigner Deutschland zur gentechnikfreien Zone erklären und Sonnleitner ein Gen-Maisverbot für das gesamte Bundesgebiet fordern.“