Wir haben Gentechnik satt!
Auch im vierten Jahr, seit Bestehen der Großdemonstration, nahm Greenpeace wieder an der „Wir haben es satt!“ – Demo teil. Besonderes thematisches Anliegen in diesem Jahr war die Gentechnik. Vorhaben wie das transatlantische Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) oder die bevorstehende EU-Saatgutverordnung lässt Gentechnik erneut zu einem brandaktuellen Thema werden und brachte die ca. 150 Aktiven zusammen mit rund 30.000 weiteren Demonstranten von 100 Organisationen auf die Straßen Berlins – ein weiteres Jahr mit einem neuen Teilnehmerrekord.
Besonders in der Kritik stand die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, kurz EFSA (European Food Safety Authority). Bei den Zulassungsverfahren für gentechnisch verändertes Saatgut hagelt es Kritik; die Prüfverfahren seien zu produzentenfreundlich und Verbraucherbelange würden nur unzureichend berücksichtigt. So produziert der erst kürzlich in der EU als Futter- und Lebensmittel zugelassene mehrfach veränderte Genmais „SmartStax“ der Firma Monsanto 6 verschiedene Gifte, sogenannte Bt-Toxine, und ist gegen 2 Herbizide resistent. Welche Auswirkungen die Toxine zusammen mit den Herbiziden haben, ist völlig unklar – ein Giftcocktail, der wahrlich keinen Appetit macht.
Derzeit ist es in Deutschland nicht möglich, genetisch veränderte Lebensmittel anzubauen. Doch dies könnte sich bald ändern: Aktuell entscheiden der Ministerrat und die Europäische Kommission über die Zulassung des Gen-Maises 1507 der Firmen Pioneer/DuPont und Dow AgroSciences zum Anbau in Europa . Auch dieser Mais produziert sein eigenes Gift, welches vor allem bei Raupen und Schmetterlingen wirksam wird. Obwohl in der EU das Prinzip der Vorsorge gilt, um Umwelt- und Gesundheitsschäden im Voraus zu vermeiden, wurde es bei der Zulassungsfrage vom Gen-Mais 1507 bisher versäumt, den europäischen Mitgliedsstaaten aktualisierte Gutachten zur Sicherheitsbewertung vorzulegen. Denn beantragt wurde die Zulassung bereits im Jahr 2001. Statt aktuelle Untersuchungen für die Bewertung zu berücksichtigen, nimmt die EFSA allerhand irritierende und widersprüchliche Stellungnahmen zum Giftgehalt der Pflanze, während Wechselwirkungen erneut völlig außer Acht gelassen werden.
Aufgrund der lückenhaften Sicherheitsbewertungen, der hohen ökologischen Risiken und bereits erfolgter Verfahrensfehler (die in 2013 z.B. zum nachträglichen Anbauverbot der Kartoffel „Amflora“ führten), fordert Greenpeace daher das Zulassungsverfahrung zum Gen-Mai 1507 zu stoppen. Geschieht dies nicht, muss Landwirtschaftsminister Friedrich in der Ministerkonferenz der Mitgliedsländer mit einem „Nein“ stimmen. Werden gentechnisch veränderte Pflanzen erst einmal zugelassen und freigesetzt, können sie sich unkontrolliert ausbreiten und gefährden damit eine nachhaltige und ökologische Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion.
Mehr Informationen zum Gen-Mais 1507: Greencast #164
Am Rande der Grünen Woche findet die internationale Agrarministerkonferenz statt, bei der Regierungsvertreter aus mehr als 70 Ländern über die Ernährung der ständig wachsenden Weltbevölkerung beraten. Mit dieser Demonstration wurde einmal mehr deutlich, dass die Bürger eine fortschreitende Industrialisierung der Lebensmittelproduktion durch Massentierhaltung, Agro-Gentechnik und den sich ständig erhöhenden Pestizid- und Antibiotikaeinsatz ablehnen.
Die Demonstranten sind sich einig: Wir brauchen einen Wandel in der Agrarpolitik, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten und unsere Zukunft „enkeltauglich“ zu gestalten. Jetzt!