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Ärger mit Ansage

Ärger mit Ansage

Am Vorabend des fünften Jahrestages von Fukushima protestieren Berliner Greenpeace Aktive vor der belgischen Botschaft. Anlass ist die Pannenserie in Belgiens Atommeilern: Die Probleme in den Kraftwerken Tihange und Doel beunruhigen ganz Europa. Greenpeace warnt seit Jahren vor den Sicherheitsrisiken. Nach Tschernobyl und Fukushima sollten die Verantwortlichen klüger geworden sein.
Das belgische Atomkraftwerk Tihange 1 liegt 70 km westlich von Aachen, ist 40 Jahre alt und hätte längst abgeschaltet werden sollen. Notwendige Investitionen erfolgten nicht im erforderlichen Umfang. Aber die belgische Regierung verlängerte trotzdem die Laufzeit um weitere 10 Jahre. Greenpeace Belgien geht inzwischen gerichtlich dagegen vor. Tihange 1 ist aktuell wegen eines Problems im Pumpenbereich gerade mal wieder drei Wochen vom Netz gegangen.
Die Städteregion Aachen plant parallel hierzu eine Klage gegen Tihange 2, dessen Reaktorblock durch mehr als dreitausend Risse beschädigt ist. Im Kraftwerk Doel 3 in der Nähe von Antwerpen sind es sogar 13.000 Risse in den Reaktordruckbehältern.
Wie kritisch das zu bewerten ist, zeigt folgende Reaktion: Die Atomaufsicht hat angeordnet, dass das Notkühlwasser (über eine Million Liter) auf über 40°C vorgeheizt werden muss, und zwar wegen der rissigen Sicherheitsbehälter, die durch zu kaltes Kühlwasser einen thermischen Schock erleiden könnten. Ab einer Temperatur von 50 Grad Celsius ist das Kühlwasser allerdings dann schon wieder zu warm, um damit einen abgeschalteten Atomreaktor kühl genug zu halten; ein schmaler Grat also.

Folgen eines Unfalls müsste ganz Europa tragen

Ein Reaktorunglück in Doel z.B. hätte eine schwerwiegende radioaktive Belastung nicht nur für Belgien, sondern auch für Deutschland und den Rest Europas zur Folge, wie eine Simulation zeigt. Je nach Wetterbedingungen würden bei einem Atomunfall in Reaktor Doel 1 sogar weite Teile von Polen und darüber hinaus kontaminiert. Ganze Regionen Deutschlands könnten unbewohnbar werden.

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Ausbreitungsberechnungen anhand realer Wetterdaten aus dem Archiv. Alles was gelb und darüber ist, wäre in dem Fall bereits erheblich kontaminiert. (Quelle: http://www. greenpeace.de/themen/energiewende/atomkraft/aerger-mit-ansage)

Hohes Risiko für wenig Energie

Die Einschätzung der belgischen Regierung, die Kraftwerke seien für die Stromversorgung des Landes notwendig, teilt nicht einmal der Netzbetreiber Elia. Aus deren Bericht geht hervor: Belgien hat keine Energieknappheit zu befürchten, selbst wenn die drei ältesten Reaktoren sowie Tihange 2 und Doel 3 – die Meiler mit den mangelhaften Druckbehältern – vom Netz gingen.

Greenpeace Berlin fordert:
• die sofortige Abschaltung von Tihange 2 und Doel 3
• Keine Laufzeitverlängerung für alle belgischen Kernkraftwerke

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