Seehofers Chaos geht weiter

Horst Seehofer weiss offensichtlich nicht so recht, was er will: Im Dezember 2005 genehmigte er den Anbau der Genmaissorte MON 810 des Konzerns Monsanto – übrigens als eine seiner ersten Amtshandlungen. Im Frühling dieses Jahres verbot er den Anbau dann wieder, weil „neue Informationen über mögliche Risiken“ vorlagen. Außerdem hatte Monsanto verschiedene Auflagen des Bundesamtes für Verbraucherschutz (BVL) missachtet. Jetzt sind die Bedenken des Ministers aber scheinbar wieder ausgeräumt. Seehofer hat entschieden: Der umstrittene Gen-Mais darf wieder ausgesät werden.

Ganz kurz: MON 810 ist eine gentechnisch veränderte Maissorte, die seit 1998 in der EU zugelassen ist. Sie ist insektenresistent und soll vor dem Maiszünsler schützen. Die Pflanzen produzieren sogenannte Bt-Toxine zur Insektenabwehr. Das Problem: Die giftigen Pollen können Schmetterlings- und nützliche Insektenarten schädigen. In Deutschland mehren sich Hinweise darauf, dass MON 810 auch eine Gefahr für Honigbienen darstellt. Außerdem schwankt der Giftgehalt der MON 810-Pflanzen erheblich. Das wurde inzwischen in mehreren Untersuchungen belegt. Warum also darf der umstrittene Genmais nun wieder ausgesät werden?

Im Bundesamt für Verbraucherschutz heisst es, Monsanto habe die Auflage erfüllt, einen „vollständigen Plan zur Beobachtung der Umweltauswirkungen des Genmais-Anbaus vorzulegen“. Ein Beobachtungsplan also. Nun, klingt nicht besonders überzeugend oder beruhigend. Aber Seehofer und das BVL akzeptieren den Monsanto-Plan. Seltsam, denn das BVL hatte im Frühjahr noch die Einschätzung gegeben, dass es „berechtigten Grund zur Annahme gibt, dass der Anbau von MON 810 eine Gefahr für die Umwelt darstellt.“ Untersuchungen hätten „inzwischen belegt, dass diese  Bt-Toxine über die Pflanze in höhere Nahrungskettenglieder gelangen“.

Seltsam auch, dass die Meinung eines anderen Amtes, das am Genehmigungsverfahren für den Anbau von GV-Pflanzen beteiligt ist, schlicht ignoriert wurde. Das Bundesnaturschutzamt (Bfn) kritisiert, der Überwachungsplan Monsantos sei unvollständig. Greenpeace hatte beim BfN nachgefragt und eine Stellungnahme erhalten, die erhebliche Kritik am Überwachungsplan enthält: Die Behörde bemängelt unter anderem, dass Monsanto von neun angeordneten Prüfpunkten fünf überhaupt nicht und zwei nur teilweise berücksichtigt hat. Das verwundert nicht. Wer Monsanto kennt, der weiß, dass Studien und Monitoring-Programme dieses Konzerns mit äußerster Vorsicht zu genießen sind. Da werden schon einmal Ergebnisse systematisch verfälscht oder verschwiegen, wie zum Beispiel bei der Gen-Maissorte MON863.

Nun haben wir also den Salat: Seehofer kann sich nicht entscheiden, ob er die Interessen der Verbraucher oder die der Gentechnik-Konzerne vertreten will. Er setzt sich über die Bedenken des BfN hinweg und verstößt gegen den Vorsorgegrundsatz. Er setzt die Verbraucher, die Ökosysteme und die gentechnikfreie ökologische sowie die konventionelle Landwirtschaft unnötigen Risiken aus. Monsanto jedenfalls freut es.