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Neues Gutachten zu Bodenabsenkungen in Zittau wegen des Tagebaus Turow

Neues Gutachten zu Bodenabsenkungen in Zittau wegen des Tagebaus Turow

Dr. Ralf E. Krupp (Diplom-Geologe, Geochemiker) hat im Auftrag von Greenpeace e.V. an einem speziellen Haus in der Franz-Könitzer Straße 20 in Zittau präzedenzfallmäßig untersucht, inweweit der Tagebau Turow in Polen durch das von PGE abgepumpte Grundwasser und dadurch verursachte Bodensenkungen für die Risse in Zittauer Häusern verantwortlich ist.

Hier die Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse:
Nachdem konstruktive Mängel am Bauwerk selbst als Ursache für die Rissbildungen ausgeschlossen werden können (Komar, 2021), ist aufgrund der örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten und der nachgewiesenen differenziellen Bodenbewegungen im Bereich der Lusatia-Störung und insbesondere innerhalb des Zittauer Rückens ein kausaler Zusammenhang der Rissbildungen mit den Entwässerungsmaßnahmen des Tagebaubetriebs
22 Turów anzunehmen. Andere mögliche Ursachen sind nicht erkennbar bzw. können ausgeschlossen werden (Baugrund, Altbergbau, ehemaliger Tagebau Olbersdorf).

Hier finden sie die Herleitung:
 Das Gebäude befindet sich nur wenige Meter nördlich der in geologischen Karten idealisiert als Linie dargestellten Lusatia-Störung, also im unmittelbaren Einflussbereich der Störung.
 Die Lusatia-Störung bewirkt eine hydraulische Trennung der versetzten Grundwasserleiter, die durch die fortgesetzte Grundwasserabsenkung des Tagebaubetriebs Turów in jüngerer Zeit weiter entwässert worden sind (PGE 2019, insbesondere Abb. 23 bis 27). Entsprechend der Tagebauerweiterung in südliche Richtung nimmt der Wasserentzug im gleichen Zeitraum in gleicher Richtung zu.
 Aufgrund der derzeit schnelleren Entwässerung der Grundwasserleiter südlich der Lusatia-Störung senkt sich dort auch der Boden schneller ab. Dies ist für den Zeitraum 2014 bis 2019 eindrucksvoll durch die in hoher Dichte verfügbaren InSAR-Daten (Abbildungen 13 und 14) belegt.
 Aufgrund der differenziellen Bodensenkungen im Störungsbereich kommt es zu Schiefstellungen und Zerrungen im Baugrund, welche sich auf die Gebäude übertragen und letztlich zu Rissbildungen führen können.
 Innerhalb des von vom Zittauer Sprung und der Lusatia-Störung begrenzten Zittauer Rückens nehmen die Bodensenkungsraten von W nach Ost (Richtung Tagebau Turów) generell deutlich zu und sind im Zeitraum 2014 bis 2019 durch die InSAR-Messungen zweifelsfrei belegt. Als Ursache ist der weiter fortschreitende Grundwasserentzug durch den aktiven Tagebaubetrieb anzusehen.
 Die im Baugutachten von Komar (2021) abgebildeten, jungen Risse an Gebäuden in der Franz-Könitzer-Straße 20 weisen auf Zerrungen und Kippungen in W-O-Richtung hin und werden als Setzungsschäden angesehen. Ein kausaler Zusammenhang mit dem Grundwasserentzug ist somit anzunehmen.
 Ausweislich der Ingenieurgeologischen Karte der Stadt Zittau 1:10 000 (SLfUG, 1997b) ist das Haus in der Franz-Könitzer-Straße 20 über anstehenden Beckensedimenten des Miozäns errichtet, also auf gewachsenem Boden. Dies geht auch explizit aus dem Wertgutachten von Wacker (1992) hervor. Ein nicht ausreichend tragfähiger Baugrund kann daher als Ursache der Setzungen der fraglichen Gebäude ausgeschlossen werden.
 Aufgrund des Alters der Gebäude ist nicht davon auszugehen das noch Setzungen auftreten, die auf die Erstellung oder auf Baumängel zurückzuführen wären. Diese wären bereits viel früher entstanden.
 Ausweislich der bergbehördlichen Erfassung der unterirdischen Hohlräume gemäß §8 Sächsische Hohlraumverordnung (Sächsisches Oberbergamt, 2020) sind im Umfeld der Franz-Könitzer-Straße 20 keine alten Braunkohlenabbaue bekannt.
 Aus chronologischen Gründen und aufgrund der räumlich begrenzten Auswirkungen des ehemaligen Braunkohlentagebaus Olbersdorf auf das Grundwasser kann ein kausaler Zusammenhang mit den Rissbildungen am Objekt Franz-Könitzer-Straße 20 nicht vorliegen.

Hier die ganze Studie im Link: Geologisches Gutachten zu Bauschäden im Stadtgebiet Zittau, Sachsen