Kommentar
Kein Greenwashing für Shell

Kein Greenwashing für Shell

Ein „fehlgeschlagenes“ Experiment beendet den Shell Science Slam vorzeitig.

Das war eine Sauerei. Eine riesige Sauerei. Die ganze Bühne klebte von einer schmierigen Flüssigkeit aus braunem Zuckerwasser, die nach einem „fehlgeschlagenen“ Experiment aus einer wundersamen Maschine namens BS 5000 herausgeschossen war. Die Vortragenden waren von oben bis unten vollgespritzt und tropften auf den Fußboden. Da die Bühne nicht schnell genug von der Brühe gereinigt werden konnte, musste die Veranstaltung vorzeitig abgebrochen werden.

Aber von Anfang an. Am 11. Dezember 2013 fand im Tempodrom in Berlin, nach Köln und Hamburg, der dritte diesjährige Shell Science Slam in Deutschland statt. Die Science Slams sind eine PR-Kampagne, mit der sich der niederländisch-britische Ölkonzern ein nachhaltiges und innovatives Image verpassen und gleichzeitig vielversprechenden Nachwuchs rekrutieren will. Der Eintritt war frei.

Bei einer solchen Veranstaltung erwartet man eigentlich kein Wort über die Spur der Verwüstung, die Shell in Nigeria mit zahllosen Öllecks und verseuchtem Grundwasser hinterlassen hat. Kein Wort über die gefährlichen Pläne des Konzerns, zusammen mit Gazprom in der Arktis nach Öl zu bohren, obwohl das sensible Ökosystem einem Ölunfall schutzlos ausgeliefert wäre. Doch pünktlich um 20 Uhr machte ein offensichtlich ungeladener Rapper in einem mehrminütigen Freestyle genau darauf aufmerksam. Es gab tosenden Applaus. Der anschließende Vortrag der Fachjury über Shells verantwortungsvollen Umgang mit Erdöl und Einsatz für neue Technologien der Zukunft konnte dem gut gefüllten Saal nur noch höflichen Applaus entlocken.

Doch das war nur der Anfang. Der erste Slam war ein als Stadtbegrünungs-Vortrag getarnter Aufruf den Klimawandel zu stoppen, der die Verantwortung dafür unter anderem bei Shell sah. Beim zweiten Slam wurde eine Zitronenbatterie gebastelt, nur um direkt danach einen Vortrag über Shells bisherige Umweltzerstörungen zu halten und die Pläne, diese in der Arktis zu wiederholen. Insgesamt hatten sich nur sechs Gruppen für den Science Slam angemeldet.

Wie um die Quote zu erfüllen, waren die nächsten Vorträge etwas Shell-typischer. Es wurden Forschungen zu CCS (der Verpressung von CO2 im Untergrund) vorgestellt, die Vorteile des Verbrennungsmotors beleuchtet und eine gereimte Lobeshymne auf Agrosprit rezitiert. Keinerlei Kritik und alles so wie Shell es sich wünscht.

Dann kam der letzte Vortrag mit dem BS 5000. Diese Maschine sollte eine Art Motor darstellen, der anstatt CO2 in die Atmosphäre abzugeben, unsere Atemluft sogar filtern kann. Und es kam wie es kommen musste. Die Jury machte noch Fotos, da spie die Maschine auch schon eine riesige Fontäne einer schwarzen Flüssigkeit, die aussah wie Motoröl, quer über die Bühne. „Hier kann man den Stecker ziehen, in der Arktis kann man das nicht“, sagte der Aktivist anschließend. Das Publikum brach in minutenlangen Applaus aus. Die Jury war hinter der Leinwand verschwunden.

Alles in allem ein gelungener Abend, voller erfolgreichem Umweltaktivismus.

Der Preis für den besten Science Slam wird Shell wahrscheinlich über das Internet vergeben.