Indianer schnitzen Totempfahl in Berlin

Gegen Urwaldzerstörung: Indianer schnitzen Totempfahl vor dem Brandenburger Tor

Unweit des sowjetischen Ehrenmals schnitzen seit heute vormittag kanadische Indianer ein Denkmal der besonderen Art: An der Straße des 17. Juni haben die drei Nuxalk-Indianer mit Greenpeace-Mitarbeitern einen über sechs Meter langen und fast einen Meter dicken Stamm einer Rotzeder abgelegt. Aus dem rund 600 Jahre alten Baumstamm, den sie aus ihrer Heimat, dem Küstenurwald im Westen Kanadas, mitgebracht haben, schnitzen sie mit traditionellen Werkzeugen einen Totempfahl.

Gemeinsam mit den Umweltschützern wollen sie damit auf die Zerstörung des jahrtausendealten kanadischen Regenwaldes durch Holzkonzerne aufmerksam machen. Deutschland ist einer der Hauptimporteure von Zellstoff und Holz aus Kanada.

Neben den Nuxalk-Indianern (sprich: Nuhok) steht ein großer, aufblasbarer Grizzly-Bär als Symbol für die Bedrohung der Urwaldtiere durch Kahlschläge. Die Berliner können sich auf Schautafeln über die Urwaldzerstörung in Kanada informieren, sich in ein „Urwald-Gästebuch“ eintragen und Protestschreiben an die kanadische Botschaft ausfüllen.

Der Totem-Pfahl hat eine mehrwöchige Reise durch 14 Städte im ganzen Bundesgebiet hinter sich, bei der aus dem kahlen Stamm ein beeidruckendes Kunstwerk gegen Urwaldzerstörung enstanden ist. In Berlin, wo die „Totem-Tour“ ihren Abschluß findet, werden die Nuxalk-Indianer den Totem drei Tage lang zu Ende schnitzen. Greenpeace-Sprecher Martin Kaiser: „Der kanadische Küstenregenwald ist der letzte nördliche Regenwald der Erde. Auch in den wenigen noch unberührten Tälern wird bereits eingeschlagen. Mit dem Urwald verschwindet nicht nur eine einmalige Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren, sondern auch der jahrtausendealte Lebensraum der kanadischen Ureinwohner.“

Die Nuxalk-Indianer leben in Bella Coola, einem Dorf mitten im Great Bear-Regenwald, der sich entlang der kanadischen Küste zwischen Vancouver Island und Alaska erstreckt. Nach Berlin sind Tlàkuuluh (51, „Wilder Mann, nachdem er in den Bergen gefastet hat und in sein Dorf zurückgekehrt ist“) und Suncwmay (37, „Erstes Licht vor dem Morgengrauen“) sowie Nuxalk-Häuptling Qwatsinas (52, „Geist des Raben“) gekommen. Die Rotzeder, die die Indianer bearbeiten, wurde vom kanadischen Holzkonzern Interfor gefällt, einem der großen Kahlschlagkonzerne.

Bei der Vergabe von Konzessionen für den Einschlag im Urwald nahm die Provinzregierung von British Columbia auf die Landrechte und Traditionen der Nuxalk keine Rücksicht. Jahr für Jahr werden allein im Gebiet dieses Stammes über eine Million Kubikmeter Holz eingeschlagen. Zurück bleiben kahlgeschlagene Waldflächen und verschlammte Flüsse. Der Kahlschlag des Regenwaldes zerstört auch die Einheit des Stammes: Die Anhänger der traditionellen Lebensweise stehen in Konflikt mit Indianern, die ihren Lebensunterhalt als Holzfäller verdienen. „Die Totem-Tour soll den deutschen Unternehmen, die Holz, Zellstoff oder Papier aus kanadischem Urwaldholz beziehen, deutlich machen, welche verheerenden Folgen ihr Kaufverhalten für den kanadischen Regenwald und seine Bewohner hat. Das, was von den einst riesigen Urwaldflächen in Kanada übriggeblieben ist, wird in zehn Jahren verschwunden sein, wenn jetzt nichts geschieht“, so Martin Kaiser.

Greenpeace veranstaltet zur Zeit gemeinsam mit den Indianern auch Protestaktionen bei prominenten Firmen, die Produkte aus kanadischem Urwaldholz verwenden, wie z.B. BMW und VW. Volkswagen erklärte sich Anfang der Woche bereit, auf Verpackungskartons verzichten zu wollen, die aus Urwaldholz hergestellt wurden.

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